GALANTERIE & VERFLOSSENHEIT

Ein Fest mit dem Fürsten — der Staatsfeiertag im Fürstentum Liechtenstein

Am Anfang diesen Jahres stand ein Plan: die Idee zum 15. August in das kleine Fürstentum Liechtenstein zu reisen und dem Staatsfeiertag beizuwohnen. Nun haben unvorhergesehene Ereignisse meine Pläne durchkreuzt. Umso mehr versuche ich mich nun mit diesem Beitrag über einen der höchsten Tage im Festkalender des Fürstentums zu trösten.

Marc Eric Mitzscherling

23. Juli 2020﹒Greifswald

Liechtenstein als Staats hat eine äußerst interessante Geschichte, die vor allen Dingen ab dem 17./18. Jahrhundert immer enger mit der des Adelsgeschlechts von Liechtenstein verwoben ist.

Umso interessanter ist, dass dieses tief durch Monarchie und Katholizismus geprägte Land lange Zeit keinen Nationalen Feiertag hatte, wie ihn beispielsweise neuere und neueste Staaten als Unabhängigkeitstag feiern. Oder ein Datum historischer Wendepunkte in der Geschichte eines Landes, wie auch der Nationalfeiertag in Frankreich an den Tag der Französischen Revolution erinnert.

Natürlich gab es im Fürstentum Feste an besonderen Anlässen - seien es Geburtstage des Fürsten selbst oder Regierungsjubiläen. Dennoch sollte es bis ins 20. Jahrhundert dauern, bevor in Liechtenstein ein fester Feiertag - der Staatsfeiertag - etabliert wurde.

Der Grund zu dieser Entscheidung ist aus zwei Perspektiven besonders interessant. Zum Einen der Grund der Initiative zu einem Nationalfeiertag, zum Anderen die Wahl des Datums. Denn wieder einmal waren die Nationalsozialisten, die im Zuge des zweiten Weltkrieges auch in den Alpenländern operierten, mehr oder weniger der Auslöser für solch einen propagandistischen Schachzug von fürstlicher Seite her gewesen.

Rings um Liechtenstein flammten patriotische Feiern im Stil oder ganz im Sinn der Politik des dritten Reiches auf. Auch im kleinen Fürstentum befürchtete man eine etwaige Invasion durch Hitlers Armeen: topographisch, wie auch kulturell. So fiel die Entscheidung, ein patriotisches Fest zu etablieren, was jedoch vor allen Dingen auf die Monarchie, Fürsten und das Fürstenhaus ausgerichtet sein sollte.

Landesfürst Franz Josefs II. (© fuerstenhaus.li)

Das Datum für solch einen Festtag wurde dadurch auch passend aus dem Bereich der Monarchie gewählt: es sollte der Geburtstag des damaligen Landesfürsten Franz Josefs II. werden. Denn dieser überschnitt sich mit einem der höheren Feiertag in der Katholischen Kirche: Maria Himmelfahrt. Monarchie und Kirche konnten also durch die doppelte Kodierung des 15. August als patriotischer Gegenschlag zum Nationalsozialistischen Regime zur Geltung kommen.

Inhalt des Festes, das ja vor allen Dingen um das Fürstenhaus konstruiert war und zum Teil noch ist, findet schon repräsentativen Ausdruck in dem Credo «Für Gott, Fürst und Vaterland», welches noch heute das Schloss Vaduz illuminiert. Nicht ohne Grund ist der Feiertag auch teilweise unter dem Synonym «Fürstenfest» lanciert.

Im Jahr 1940 wurde der Staatsfeiertag zum ersten Mal begangen. Auf dem Programm standen neben dem obligatorischen Singen der Volkshymne («Oben am jungen Rhein‪»‬) auch patriotische Reden und Ansprachen, Beflaggung in den Städten und - bis heute essentieller Bestandteil - das Höhenfeuerwerk und die Illumination einer Almwiese mit einer Fackelkrone. Das ganze hatte zu Anfang noch einen sehr politischen Anstrich, der erst mit der Zeit verblasste und das gemeinsamen Zusammensein in den staatsfeiertag-liechtenstein-2020 treten ließ.

Zu Jubiläen konnte es dann schon vorkommen, dass auch größere Veranstaltungen, neben dem offiziellen Staatsakt, ausgerichtet wurden bis dann 1963 auch erstmals ein Volksfest stattfand.

Nun tut sich die Frage auf, weshalb noch immer der Geburtstag eines schon in Friede ruhenden Fürsten gefeiert wird. Als Fürst Franz Josefs II. 1989 starb wurde vom Landtag beschlossen, die Lücke eines fehlenden Nationalfeiertages durch die gesetzlichen Etablierung des 15. Augusts zum Staatsfeiertag wett zu machen. Und so wurde am 27. Juni 1990 das Gesetz über den Staatsfeiertag beschlossen und vom neuen Landesfürsten Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein abgesegnet.

Laut dem Gesetz wurde auch die Verbindung zum Fürstengeburtstag gelöst und nun sollte der Tag - wie auch der gesetzliche Einzeiler verdeutlicht - dazu dienen, «die Besinnung auf die staatlichen Grundwerte [zu] fördern und das Bewusstsein der Zusammengehörigkeit mm stärken».

Die Fürstenfamilie von Liechtenstein beim Staatsfeiertag. Im Vordergrund S.D. Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein mit seiner Gattin I.K.H. Erbprinzessin Sophie.

Bis 2010 kam man dieser Festlegung noch mit einem Festgottesdienst nach. Heute begeht man den Staatsfeiertag des Fürstentums mit einem offiziellen Staatsakt (an dem mittlweile nur noch Staatsbürger und geladenen Gäste beteiligt sein dürfen, nachdem das Ausflugsprogramm «Auf ein Bier mit dem Fürsten» vielen Reisebüros einen satten Umsatz bescherte und die Schlosswiese zu einem Menschenmeer anschwellen ließ) und begibt sich danach beispielsweise ins Städtle, wo dann mit weiteren Attraktionen der Tag zu etwas Besonderem gestaltet werden soll.

Der Staatsfeiertag ist somit auch weiterhin der einzige Tag im Jahr an dem man auch als normaler Bürger bzw. Staatsbürger Liechtensteins das Gelände des Schlosses Vaduz betreten darf.

Der Staatsfeiertag 2020

Das das Jahr 2020 ein außergewöhnliches Jahr ist, braucht keiner Pointierung. Nun fragt es sich aber, wie denn der Staatsfeiertag in diesem Jahr aussehen wird - denn ganz verzichten wird man auch 2020 nicht.

Das Liechtenstein-Markting wurde beauftragt, einen alternativen Ablauf und ein spezielles Programm für den Tag in diesem Jahr zu entwickeln und entwerfen. Herausgekommen ist eine abgespeckte Variante, bei der man auf die essentiellen Ereignisse dennoch nicht verzichten muss.
So wird auch ein Staatsakt - nur mit dezimierterer Teilnehmerzahl - stattfinden und die Festivitäten wurden aus dem öffentlichen Raum z.T. ins Private verlegt.

Um dennoch den Tag zu einem besonderen im Datum im Kalender werden zu lassen, wird das Feuerwerk und auch die Illumination mit der Fürstenkrone stattfinden. Des Weiteren werden wichtige und zentrale Gebäude in den Landesfarben beleuchtet und die wichtigsten Gipfel des Landes zum glühen gebracht.

Die Schlosswiese am Staatsfeiertag 2019 vor dem Staatsakt.

Auch als Privatperson kann man sich im Fürstentum an den Feierlichkeiten beteiligen. Sei es, dass man sich in seiner Gemeinde mit kostenlose Fahnen versorgt und flaggt, oder eine Anmeldung zu Teilnahme am Fackelzug. Dafür soll auch der Slogan «zemma im klina fiira» vertretend stehen.

Diverse Gastronome, Restaurants und andere Orte der Versammlung beteiligen sich am Programm. So wird es nicht nur besondere Menüs an diesem einen Tag geben, sondern kann diese auch bestellen oder mitnehmen.

Natürlich wird auch nicht auf die musikalische und kulturelle Untermalung verzichte, wofür man auf der Seite des Staatsfeiertages staatsfeiertag.li Karten für unterschiedliche Konzerte in kleiner Runde kaufen kann.

Wer - wie ich - nicht an den Festivitäten teilnehmen kann, hat die Möglichkeit das Ganze auch im Liechtensteinischen Landeskanal ab 11.30 Uhr zu verfolgen oder über Radio-L dem speziellen Programm zuzuhören.