GALANTERIE & VERFLOSSENHEIT

Ritter des Mannerheim-Kreuzes — ein finnischer Orden geht dem Ende zu

Am 01. November 2020 ist der letzte Ritter des Ordens des Mannerheim-Kreuzes gestorben. Das dieser Orden einen sehr wichtige Funktion innerhalb der finnischen Ehrerweisung einnimmt, wird spätestens dann deutlich, als am 28. November 2020 alle finnischen Flaggen auf Halbmast wehen, um den verstorbenen Rittern des Mannerheim-Kreuzes zu gedenken.

Marc Eric Mitzscherling

28. November 2020﹒Greifswald

Wer das öffentliche Leben dieser Tage in Finnland aufmerksam beobachtet hat, dem wird sicherlich aufgefallen sein, dass am 28. November vielerorts und an öffentlichen Gebäuden die Finnische Flagge gehisst worden war — auf Halbmast.

28 Tage vorher ist der letzte Ritter des sogenannten Ordens des Mannerheim-Kreuzes, Kaiho Tuomas Albin Gerdt, verstorben. Und mit seiner Person der letzte Träger dieses Ordens. So wurde nun am 28. November zum Einem seines Todes gedacht und zum Anderen den vor ihm verstorbenen Trägern dieser hohen militärischen Auszeichung der Republik Finnland. Von «The Telegraph» wird das Mannerheim-Kreuz gar mit dem britischen Victoria Cross verglichen - der höchsten Kriegsauszeichung des Vereinigten Königreiches.

Ein Orden wird gestiftet

Im Jahr 1940 - Finnland befand sich gerade zwischen Winter- und Fortsetzungskrieg mit der Sowjetunion; im restlichen Europa tobte der zweite Weltkrieg - wurde durch den damaligen Präsidenten Kyösti Kallio das Mannerheim-Kreuz (Mannerheim-risti) gestiftet und nach Carl Gustaf Mannerheim benannt. Die Idee war während des finnischen Winterkrieges entstanden.

Mannerheim war zur damaligen Zeit Oberbefehlshaber der finnischen Streitkräfte und durch die Kämpfe im finnischen Bürgerkrieg 1918 zu einer schillernden, und sehr respektierten - wenn nicht gar zu respektiertesten - Persönlichkeit der noch jungen Republik geworden.

Die Standarte des finnischen Präsidenten mit dem Orden des Freiheitskreuzes. (© Commons Wikimedia)

Das Mannerheim-Kreuz fungierte als Zusatzdekoration zum schon existierenden Orden des Freiheitskreuzes. Dieses ist noch heute die höchste Auszeichnung Finnlands und wird nur vom finnischen Präsidenten verliehen. Darum findet es sich beispielsweise auch auf der Präsidentenflagge. Der Orden des Freiheitskreuzes wurde von Mannerheim selbst 1918 für verdiente Teilnehmer des finnischen Bürgerkrieges gestiftet und ab 1939/40 neuerlich verliehen.

Phaleristik

Kurz zur Theorie: Was ist Phaleristik? Die Phalerstik beschäftigt sich als eine, zumeist etwas vernachlässigte und vergessene, Historische Grundwissenschaft mit Orden, Ehrenzeichen und Auszeichnungen in ihrem jeweils historischen bis hin zu kultur-soziologischem und kunstgeschichtlichen Rahmen. Ich möchte unter dieser Überschrift besonders auf das Aussehen und die Bestandteile des Ordens eingehen.

Das Kreuz wurde in zwei Klassen verliehen, wobei die erste Klasse nur an Mannerheim selbst und an den Genreal Axel Erik Heinrichs verliehen wurde.

Das Kreuz erster Klasse wird als Halsdekoration getragen und besteht aus einem Tatzenkreuz (wesentlich bildhafter ist hier der Begriff «Templerkreuz»), welches schwarz emailliert ein Hakenkreuz in seinen Kreuzarmen abbildete. Das Hakenkreuz - oder auch Fylfot - war bis vor kurzem und z.T. bis heute in Finnland Zeichen der Streitkräfte bzw. der Luftwaffe und fungierte in seiner ursprünglichen Bedeutung als Glücksbringer.

Das Zentrum des Abzeichens erster Klasse bildet eine weiße Rose. Dieses Kreuz wieder hängt an einer Überhöhung, welches golden und ovalen einen Eichenkranz, aus welchem links- und rechtsseitig zwei gebogene Arme mit Schwert ausbrechen, darstellt. Das Band mit welche Orden und Aufhängung getragen werden, ist rot mit einem weißen Streifen an beiden Rändern.

Der Orden 1. und 2. Klasse, sowie der Orden 2. Klassen mit den Marschallstäben. (© Vapaudenristin Ritarikunta)

Der Orden zweiter Klasse (insgesamt 191 Mal verliehen) ist ebenfalls ein schwarz emailliertes Tatzenkreuz mit Hakenkreuz, welches jedoch als Steckkreuz getragen wurde. Die Überhöhung des Ordens erster Klasse - Eichenlaub und erhobene Schwerter - sind hier direkt auf das Kreuz aufgebracht und das Zentrum bildet erneut das Medaillon der weißen Rose.

Mannerheim als finnischer Staatspräsident in vollem Ornat - auch mit Mannerheim-Kreuz. (© Commons Wikimedia)

Die Bedeutung der Auszeichung Mannheims selbst mit diesem Abzeichen wurde dadurch unterstrichen, das sein Orden zusätzlich mit zwei gekreuzten Marschallstäben dekoriert war. Diese zusätzliche Dekoration erhielt man auch als Ausgezeichneter zweiter Klasse bei seiner zweiten Verleihung. Die Ehre wurde insgesamt vier Soldaten zuteil.

Ehrenerweisung

Ausgezeichnet wurde man als Soldat mit dem Mannerheim-Kreuz für großen Mut, wichtige Kampfentscheidungen oder verdiente Militäreinsätze im Krieg. Das heißt: das Kreuz kann auch nur während oder direkt nach einem Krieg verliehen werden. Finnland befand sich zuletzt bis 1947 im Krieg.

Fast die Hälfte der Ritter stammten aus Bauernfamilie (81) gefolgt von Söhnen aus dem Beamtenstand (32) und Händlerfamilien (30). Geographisch gesehen stammte die Mehrzahl der Ausgezeichneten aus Karelien (49) und der Region Pohjanmaa (34).

Die Verleihung und damit verbundene Ehrungen und Auszeichungen sind zum Teil in der «Verordnung zum Orden des Freiheitskreuzes» oder auch «Asetus - Vapadenristin ritarikunnasta» geregelt. Man kann diese Verordnung auch als Staut sowohl des Ordens des Mannerheim-Kreuzes, als auch des Finnischen Freiheitskreuzes sehen. Die Verordnung bezieht sch ganz direkt in §6, §25 und §33 auf das Mannerheim-Kreuz.

Wurde man mit dem Mannerheim-Kreuz ausgezeichnet wurden einem zusätzlich 50.000 Finnmark zuteil. 1940 entsprach das genau 14 630 Euro. Ebenfalls nicht in der Verordnung genannt, aber vielleicht ungeschriebenes Gesetz, ist die Regelung, dass die Ritter des Ordens des Mannerheim-Kreuzes, wie sich die Dekorierten nennen durften, zu den offiziellen Feierlichkeiten am finnischen Unabhängigkeitstag (06. Dezember) im Präsidentenpalast - zur sogenannten Linnan Juhlat - als Allererste am Präsidenten vor­bei­de­fi­lie­ren durften. Dieses Protokoll bestand seit 1994 so.

Tuomas Gerdt 2012 als Erster beim Empfang des Präsidenten Sauli Niinistö. (© YLE)

Am 28. November 2020 nun waren in Finnland die Flaggen alle auf Halbmast um diesen verdienten Soldaten des Ordens und des Todes des letzten Ritters zu gedenken. Es ist zusätzlich zu erwähnen, das viele der Ritter noch während des Krieges starben: 28 fielen im Krieg, einer beging Selbstmord und neun starben an den Folgen des Fortsetzungskrieges.

Mit dem Tod des letzten Ritters Tuomas Gerdt am 01. November diesen Jahres müsste nun jemand anderes das Defilee zu den Unabhängigkeitsfeierlichkeiten eröffnen. Gerdt hatte 2008 bis 2010, 2012 und 2014 bis 2015 die Türen zum Festsaal des Präsidentenpalastes als einer der Ersten durchschritten.

Doch da dieses Jahr die Linnan Juhlat, wie zu erwarten, nicht im gewohnten Rahmen stattfinden wird, dürfen wir generell gespannt bleiben, was uns in diesem Jahr am 06. Dezember in Finnland erwarten wird.

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