GALANTERIE & VERFLOSSENHEIT

Finnisch lernen. Aber wie?

Dass das Finnische eine wunderschöne Sprache ist, muss ich ja nicht in einem weiteren Beitrag erklären. Dem bin ich schon in anderen Texten zur Genüge gerecht geworden. Eine Frage kann man sich natürlich an späterer Stelle stellen: wie kann man sich der Finnischen Sprachen auch als Normalsterblicher annähern?

Marc Eric Mitzscherling

02. März 2020﹒Dresden

Diese Frage bekomme des Letzteren immer häufiger gestellt, wobei ja auch mein Finnisch erst in den ersten, groben Anfängen steckt. Diese Frage hat mich jedoch zu folgendem Aufsatz inspiriert, um meine Quellen finnischen Wissens beziehungsweise Mittel und Wege, um in diese Sprache einblicken zu können, offenzulegen. Denn über die Jahre, die ich selber damit verbringe, meine Finnischkenntnisse aufzustocken und zu erweitern, hat sich einiges an Empfehlungen, Links und Ideen angesammelt, die ich nun mit dem Rest der (finnlandbegeisterten) Welt teilen möchte.

Lehrbücher

In den meisten Fällen, wenn man mit dem Erlernen einer neuen Sprache liebäugelt, beginnt man oft erst einmal ganz althergebracht an das Lehrbuch zu denken. Man muss natürlich ganz für sich selber wissen und entscheiden müssen, welche Methode die beste ist, sich in einer neue Sprache zu orientieren. Das kann die App sein, der Vokabelkasten oder das reine Anwenden (was für Finnisch natürlich aufgrund der raren Anzahl der Muttersprachler in unseren Breiten eher schwieriger ist).
Aber auch ein Lehrbuch kann leiten und erste Orientierung geben, wobei es natürlich von Vorteil ist, wenn man eine gewissen Kontinuität in das Lernen mit Buch bringt; man seine Sprachkenntnisse also über dieses Medium anwendet.

Yksi, kaksi, kolme

Ich persönlich habe mit dem Kursbuch «Yksi, Kaki, kolme. Finnisch für Deutschsprachige.» von Senja Riekkinen-Gebbert begonnen Finnisch zu lernen. Das Buch ist nicht schlecht, aber ich persönlich bin mit anderen Übungen und respektive auch anderen Büchern besser zurechtgekommen. Das liegt aus heutiger Sicht vermutlich vor allen Dingen an der, nach meiner Meinung, etwas unvorteilhaften Gliederung. Für die Leute in der Materie: der Partiv und die Verbtypen kommen erst in den Kapiteln 4 ff. Gerade für die Verben läuft es damit am Anfang auf ein stupides Auswendiglernen der Verbstämme hinaus, statt zu verstehen, warum aus syödä (essen), syö-n (ich esse) wird.
Alles in Allem habe aber auch ich mit diesem Buch meine ersten Kenntnisse erworben und gerade auch meinen Wortschatz mit den sehr übersichtlichen Vokabelverzeichnissen ausbauen können.

Hei! Moi! Terve!

Später bin ich, vermutlich auch regional beeinflusst, auf das Lehrbuch «Hei! Moi! Terve!» von der in Dresden lebenden Finnin Annaliisa Kühn umgestiegen. Das Buch ist sehr übersichtlich und bietet auch immer für jedes Kapitel ein Vokabelverzeichnis.
Insgesamt überzeugen die beiden bisher aufgezählten Bücher vor allen Dingen auch mit ihrem mp3-Material, was für Hörübungen und Selbststudium mitgeliefert wird. Aber gerade bei «Hei! Moi! Terve!» wurden einige der eingesprochenen Lehrbuchtexte auch in einer umgangssprachlichen Version mitgeliefert, was ich persönlich immer sehr spannend fand, da es schlussendlich ja doch noch einen Unterschied zwischen dem Lehrbuch-Finnisch und dem Finnisch, wie es in Helsinki auf der Straße gesprochen wird, gibt.
Die Lehrbuchtexte finde ich an mancher Stelle jedoch etwas zu kompliziert (zumindest ging es mit selber so). Denn dafür, dass die Texte in das neue Kapitel mit den neuen grammatikalischen Phänomen einführen sollen, ist es mit den Selben schon reichlich gespickt und auch die neuen Vokabeln werden in Hülle und Fülle schon präsentiert, sodass für mich das lesen der Texte meist in einem zwischen Grammatik und Vokabelverzeichnis Hin- und Herschlagen endete.
Jedoch denke ich, dass dieses neuere Buch, welches im Buske-Verlag erschienenen ist (welchen ich persönlich auch jetzt noch für sehr qualitativ, was das Lehrmaterial für etwas besonderere Sprachen angeht, halte) eine sehr gute Alternative zu «Yksi, kaksi, kolme» ist.

Suomen Mestari

Das dritte und letzte Buch, das ich hier vorstellen möchte, ist auch das Werk, mit welchem ich/wir gerade in der Universität im Sprachkurs arbeiten: «Suomen Mestari».
So gut das Buch auch ist, es hat einen ganz anderen Kritikpunkt als die vorher erwähnten Bücher: daher, das das Buch aus Finnland stammt, ist es nicht nur dort im Buchgeschäft, auf Grund der fehlenden Buchpreisbindung, unsagbar teuer, sondern auch, wenn man es sich nach Deutschland oder anderswo hin schicken lässt (um die € 60,- ). Aus jetziger Perspektive muss ich jedoch sagen, dass sich die Investition voll und ganz gelohnt hat. Nicht nur die sehr übersichtlichen Grammatikteile lohnen, sondern auch die Aufmachung und das Wiederholen von schon Gelerntem, um auf diesem Kenntnisstand auszubauen. Ebenso gibt es auch für dieses Werk Hörmaterial, was jedoch nicht als mp3-Downloadlink oder CD mit erworben wird, sondern nur über die Website des Verlages aufgerufen werden kann.
Sonst kann ich dieses Buch, trotz des hohen Preises nur weiterempfehlen, für Leute, die es mit Finnisch ernst meinen.

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Bukse-Verlag

Neben diesen Lehrbüchern gibt es auch noch weiterführende Literatur, welche ich vor Allem aus den Beständen des Buske-Verlags weiterempfehlen möchte. Dazu gehören das «Grammatikübungsbuch» von Harald Molan sowie vom gleichen Autor der «Grundwortschatz Finnisch», den man auch als besser sortiertes und übersichtliches Wörterbuch oder auch als Vokabelfundgrube nutzen kann.
Auch bei Buske erschienen ist die zumeist als finnische Standartgrammatik verwendete Finnische Grammatik von Fred Karlsson, die nicht nur für das Studium ein Muss ist, sondern auch für alle, die wissen wollen, wie es eigentlich funktioniert, sehr praktikabel ist. An mancher Stelle kann die Fachsprache zwar verwirren, aber im Großen und Ganzen bin ich der Meinung, dass sich eine Anschaffung lohnt.

Apps

Als Apple-Teacher kann ich es mir natürlich nicht versagen, auch eine Auswahl an Apps vorzustellen. Sprachlernapps gibt es ja mittlerweile in Hülle und Fülle, wobei die meisten mehr oder weniger nur als interaktiver Vokabelkasten fungieren und hinzukommt, dass Finnisch für App-Entwickler nun auch nicht soo gefragt ist.
Dennoch gibt es ein paar Apps, die neben den Standardsprachen, wie Englisch, Spanisch, Japanisch oder Französisch auch Finnisch anbieten. Ich persönlich bin immer ein Mensch, der sich sofort die neue Lern-App herunterlädt, wenn sie irgendwo angepriesen wird, sie jedoch nach wenigen Minuten Rumgespiele wieder enttäuscht löscht.

Dennoch gibt es ein paar Apps, die ich im Folgenden vorstellen möchte. Dazugehören Apps zum expliziten Sprachenlernen als auch Anwendungen zum Vokabelverwalten.

Duolingo

Diese App werden sicherlich die meisten in irgendeiner Art und Weise schon gesehen haben: die grüne Eule ist mittlerweile auf den meisten Handys, um nicht nur Französisch und Spanisch beizubringen, sondern auch High Valerian oder Klingonisch - sofern man dem Englischen mächtig ist und sich zutraut eine Fremdsprache in einer anderen Fremdsprache zu lernen. Auf alle Fälle macht es eine Menge Spaß.
Und so freut es umso mehr, dass vermutlich ab April 2020 auch der Kurs Finnisch-Englisch in die Beta-Phase gehen wird. Zumindest war dies der angepeilte Termin der Veröffentlichung im Incubator von Duolingo. Bis es jedoch wirklich soweit ist, muss man sich wohl noch einige Zeit gedulden.

Drops

Bis dahin kann man sich ja mit der App «Drops» auseinandersetzen. Diese App kostet, doch auch in der kostenfreien Version hat sie so manchen Nutzen zum Vokabellernen. Denn hier bekommt man, wenn man nicht zahlungswillig ist, jeden Tag fünf Minuten zur Verfügung gestellt, in welchen man neue Vokabeln interaktiv lernen kann. Gerade wenn man nur diese fünf Minuten hat, habe ich das Gefühl umso intensiver zu lernen. Als guter Zeitvertreib, Lückenfüller oder Nebenbeschäftigung taugt diese App allemal.

Reji

Die App «Reji» war Langezeit meine Lieblingsapp um Vokabeln zu verwalten. Eigentlich soll sie zur Zeit kostenlosem im App-Store zur Verfügung stehen, jedoch bin ich mir nicht sicher, ob dies immer noch der Fall ist. Wobei ich auch betonen muss, dass diese App lange meine Lieblingsapp war.
Mit der App ist es möglich über die Google-API möglichst schnell neue Vokabeln in fast allen Sprachen (so auch Finnisch) zu erfassen und zu speichern. Das ist zwar nicht immer richtig, erleichtert die Arbeit aber enorm. Ebenfalls Vorteil der Google-API: die Vokabeln werden einem beim Lernen auch vorgesprochen, was meinem Einvernehmen nach den Lernprozess um einiges verkürzt.
Die Lernfunktion birgt jedoch auch einen großen Nachteil: es gibt immer nur Antwortmöglichkeiten a), b) oder c) was zum Raten, falls man mal eine Vokabel nicht wissen sollte, verleitet. Auch die Export- und Importfunktionen aus und nach CSV können ganz praktisch sein, wenn - und jetzt kommt der größte Nachteil - die App auch funktionieren würde. Denn in letzter Zeit, ist man beim updaten der App etwas nachlässig; zumindest, was die iOS und iPadOS-Versionen betrifft. Und stürzt dann die App ab und die Synchronisation mit iCloud funktioniert nicht, sind alle Vokabeln - ohne Backup - verschwunden und man sitzt vor dem «Herzlich-Willkommen-in-ihrer-neuen-App-Screen».

Tinycards

Neben all den anderen Alternativen zum Vokabellernen, wie Quizlet & Co., welche mir persönlich immer zu überladen und zu unübersichtlich sind, nutze ich sehr gerne die App «Tinycards» von Duolingo, welche nicht nur auf den Geräten, sondern auch im Browser arbeitet. Zwar kann diese App nicht Finnisch sprechen, dafür kann man auf schon von der Crowd gefertigte Vokabel-Decks zurückgreifen und in einer ansprechende UI auch selber Vokabeln anlegen.
Hier noch ein Trick: die Vokabeln auf der Website oder gar in der App händisch einzutragen kostet ein Menge Zeit. Einfacher ist es, wenn man auf ein Datenverarbeitungssystem, wie Excel oder Numbers zurückgreift, die Vokabeln eingepflegt und dann die Tabelle markiert und bei Tinycards via ⌘+C und ⌘+V einfügt.
Auch praktisch finde ich, dass Tinycards die - über den eigenen Server synchronisierten - Vokabeln in kleinen Häppchen zerteilt, was das Lernen wesentlich vereinfacht, da man so nicht einen fetten Batzen Vokabeln in sich reinfressen muss, sondern peu-a-peu die neuen Wörter lernt und wiederholt.

Doch soll am Ende auch darauf hingewiesen, dass es im Netz wesentlich umfangreichere und weiterführende Lektüren und Vergleich zu den Vokabel-Lern-Apps gibt. Die hier auf geführten sind ganz subjektiv nach eigenem Empfinden präsentiert worden.

Übungen und Weiterführende Links

YLE uutiset selkosuomeksi

Bekanntlich weiß man ja: Übung beziehungsweise Anwendung machen den Meister. Aus diesem Grund möchte ich vor allen Dingen die Selko-Seiten im Finnischen Netz hervorheben respektive die finnischen Nachrichten. Selkosuomeksi ist das, was wir hierzulande leichte Sprache bezeichnen. Sich jedoch mit solchem Material zu beschäftigen kann schnell erste Lern- und damit auch Versteh-Erfolge bringen. Die Nachrichten in leichter Sprache werden immer wochentags am Nachmittag ausgestrahlt und können gesammelt in Text-, Video- und Audioformaten konsumiert werden.

Denn gerade im Finnischen ist es schwer, die richtige Dosis Anwendung zu finden. Gerade aus diesem Grund kann man mit den finnischen Nachrichten schon einmal das Hörverstehen trainieren.

Wörterbücher

Natürlich ist man auch immer auf der Suche nach einem geeigneten Wörterbuch. Neben den «Kleinen Gelben» von Gummerus (finnische Wörterbücher) kann ich im Netz vor allen Dingen defi.dict.cc, das Redfox-Sanakirja und für einfachere Konsultationen das Ilmainen Sanakirja empfehlen.
An dieser Stelle sei noch darauf hingewiesen, dass man in Sachen Wörterbuch als Verleger nicht allzu viel falsch machen kann, jedoch sind verhältnismäßig viele Unregelmäßigkeiten im Finnisch-Wörterbuch von Langescheidt zu finden. Man macht also nichts falsch auf ein Finnisch-Deutsches Wörterbuch aus Finnland zurückzugreifen.

Ebenfalls zu dieser Kategorie «Wörterbücher» zähle ich das Konjugations-Hilfstool von bab.la. Für den Anfang, gerade wenn man sich im Imperfekt und Perfekt usw. umschaut, kann diese Website ganz praktisch sein.

Online-Kurs

Für den Anfang gibt es im Finnischen Netz auch ein paar Finnisch-Kurse, die den Einstieg in die Sprache ebenfalls erheblich erleichtern können. Dazu gehören kotisuomessa.fi, welcher von der Finnischen Regierung unterstützt wird und osaansuomea.fi, als Light-Version eines Kurses.

Auch YLE bietet neben den Nachrichten in einfacher Sprache auch einen einfachen Finnisch-Kurs an, der mit seinen schreienden Videos vielleicht auch eine andere Altersklasse anspricht.

Auch mit digitalen Grammatikübungen ist man auf railisuomi.wordpress.com versorgt, wobei mache der Applikationen eher an das Web 1.0 erinnern und auch die Anleitungen komplett auf Finnisch gehalten sind, was gerade für den Einstieg nicht gerade sehr geeignet ist.

Finnlinks

Neben den vielen Blogs zu Finnland und Finnisch möchte ich an dieser Stelle noch ein Portal, welches vom Lehrstuhl für Fennistik der Universität Greifswald kuratiert wird - ja, ich bin voreingenommen - vorstellen. Auf der Seite «Finnlinks» finden sich nicht nur weitere Sprachlernseiten oder Grammatikübungstipps, sondern auch Links zum Thema Sprachwissenschaften, Statistik oder Landeskunde. Einen Klick ist sie auf alle Fälle wert.

Lopuksi

Am Ende lässt sich also festhalten, dass das Netz und die Buchwelt nicht vor Möglichkeiten zum Finnisch-Lernen strotzt, aber wenn man nur einmal in die Sphäre reingerutscht ist, finden sich immer wieder neue Wege die Sprache analog oder auch digital zu lernen. Auch ich bin immer weiter auf der Suche. Und wer weiß; vielleicht wird dieser Eintrag eines Tages von mir noch einmal revidiert und neue spannende Bücher und Website finden ihren weiteren Weg in den Welt des Finnismus.